Der Artikel wurde in der Dezemberausgabe 2022 der Zeitschrift der IHK Dresden veröffentlicht.
Frau Mumladze, können Sie kurz das Geschäftsmodell Ihres Unternehmens beschreiben?
Team Up ist ein deutsch-georgisches Unternehmen. Es wurde Anfang 2020 von georgischen und deutschen Unternehmern gegründet, die sich in Berlin kennengelernt haben. Inmitten der Corona-Pandemie war Remote Working quasi der Standard im Dienstleistungssektor. Zu dieser Zeit war es auch unerheblich, ob Kolleg*innen fünf Straßen weiter, in einer anderen Stadt oder in einem anderen Land saßen. Aus dieser Erkenntnis wurde eine Lösung für Startups und KMUs entwickelt, die von den Vorteilen der neuen “Remote”-Arbeitskultur profitiert, ohne den Teamgedanken und die Unternehmenskultur zu vernachlässigen.
Unser Kernprodukt ist der maßgeschneiderte Remote-Teamaufbau für deutsche Firmen im Kaukasus. Wir beraten, definieren gemeinsam Stellenprofile und übernehmen den HR-Prozess. Die Sprache ist dabei im Übrigen selten ein Problem. Im Kaukasus beherrschen viele Deutsch, so wie ich. Deutsch ist nach Englisch die meistgesprochene Fremdsprache.
Für welche Branchen bzw. Berufe eignet sich Ihrer Erfahrung nach Remote Work?
Durch die steigende Digitalisierung bleibt fast keine Dienstleistungsbranche übrig, die von den Vorteilen der Remote-Arbeit nicht profitiert. Klassischerweise denkt man zunächst an den Software- und IT-Sektor. Unsere Erfahrungen zeigen aber, dass Fernarbeit auch gut für Werbung, E-Commerce, HR, Travel, Medien und Telekommunikation funktioniert. Je mehr eine Branche digitalisiert ist, desto besser kann Remote Work funktionieren.
Was sind Vorteile und wo sehen Sie die Herausforderungen für Unternehmen?
Vorteile sind ganz klar Schnelligkeit und Kosten. i. d. R. können wir in drei bis vier Wochen starten, und die Kosten fallen meist über 50 Prozent geringer aus als in Deutschland. Allerdings raten wir unseren Kunden, nicht nur auf Kosten zu schauen, sondern einen Teil der Ersparnis in höhere Löhne, Teambuilding, Coaching und Kulturmaßnahmen zu investieren.
Auf Seiten der Unternehmen sollte man durchaus in Erwägung ziehen, seine Remote-Mitarbeiter einmal vor Ort zu besuchen. Gegebenenfalls müssen auch Prozesse und Kompetenzen bei den deutschen Kolleg*innen angepasst oder aufgebaut werden, etwa bei der Nutzung von Kommunikationskanälen, bei Geschäftsprozessen und auch bei der Akzeptanz des neuen Remote-Teams. Einer genauen Prüfung müssen zudem alle Fragen des Arbeitsrechts, des Datenschutzes sowie der Steuer und Sozialversicherung unterzogen werden.
Können Sie kurz beschreiben, wie der Prozess nach einem Erstkontakt mit einem deutschen Unternehmen abläuft und mit welchen Kosten zu rechnen ist?
Wir starten mit einem Beratungsgespräch, um die Wünsche des Unternehmens genau zu definieren. Der eigentliche Prozess besteht dann aus drei Schritten: die Erstellung einer Stellenausschreibung, die Kandidatensuche , Vorstellungsgespräche und Vertragsabschluss. In Summe dauert das meist drei bis vier Wochen. Es schließt sich die Vorbereitung des Arbeitsbeginns an, d. h. Hardware-Ausstattung, Organisation von Schulungen usw. Das kann in wenigen Tagen erfolgen. Im dritten und letzten Schritt begleiten wir unsere Kunden und sein neues Team(mitglied) in den ersten Wochen und Monaten. Dafür gibt es einen persönlichen Success Manager, der jederzeit für alle Fragen zur Verfügung steht.
Die Kosten hängen im Wesentlichen von den Gehältern der Remote-Mitarbeiter ab. Volle Transparenz ist ein wichtiger Teil unseres Modells, daher verhandeln die Kollegen ganz klassisch wie in Deutschland ihr Gehalt. Hinzu kommen die Lohnsteuer und die Sozialabgaben sowie eine Gebühr für unsere Leistungen. So liegen z. B. die Gesamtkosten für Senior Frontend Entwickl*innen zwischen 3.800-5.400 Euro und für einen Professional UX / UI Designer*in zwischen 1.500-2.100 Euro. Für Logistik-, HR- und E-Commerce-Operations Profile sowie für Assistent*innen verschiedener Abteilungen muss man monatlich mit 1.000-1.900 Euro rechnen.
Welche Erfolge konnte Ihr Unternehmen bereits erzielen, welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht und wie gut kennen Sie Deutschlands Wirtschaft – vielleicht sogar die sächsische?
Bislang haben wir für über 30 deutsche Startups und KMUs etwas über 100 Remote-Talente und Teams bereitgestellt. Dabei haben wir viel gelernt und unsere Prozesse optimiert sowie neue interessante Produkte eingeführt. Wir profitieren natürlich von unserem deutschen Gründer mit seinen Marktkenntnissen. Um auf dem Laufenden zu bleiben, besuchen wir regelmäßig unsere Kunden und verschiedene Messen. Die Herausforderungen Deutschlands im Fachkräftebereich sind uns bewusst. Traditionelle Arbeitsmodelle werden perspektivisch an Grenzen stoßen oder tun es bereits. Remote Work wird am Ende auch innerhalb Deutschlands sinnvoll sein, wenn nicht alle digitalen Talente aus den Regionen nach Hamburg, München und Berlin ziehen sollen.
Sachsen, nehmen wir aus der “Ferne” als modernen und internationalen Standort in Europas Mitte wahr. Es gibt sehr gute Hochschulen, an denen auch viele junge Fachkräfte aus dem Kaukasus studieren. Der Arbeitsmarkt in Sachsen ist sehr spannend, es gibt viele Arbeitsplätze, aber auch viele Stellenangebote, die lange nicht besetzt werden.
Was sind Ihre nächsten Ziele?
Wir möchten unseren Ansatz, der in deutschen Großstädten bereits gut angenommen wird, erweitern. Hier arbeiten wir gerade daran, neue Branchen und Unternehmen kennenzulernen. Wir möchten herausfinden, ob und wie wir auch in weniger digitalisierten Bereichen helfen können. Erste Ideen existieren bereits. Das wichtigste Ziel für mich ist der regelmäßige Austausch mit anderen Unternehmern. Für 2023 plane ich auch eine Reise nach Dresden und freue mich über jede Einladung.
Es Fragte: Regina Lindig